Monat: Januar 2024

  • Wie sieht eine regenerative Wirtschaft aus?

    Wie sieht eine regenerative Wirtschaft aus?

    Nachfolgenden findet ihr einen kurzen übersetzten und leicht ergänzten Auszug aus meinem Skriptum, das ich im Rahmen der Nachhaltigkeitsvorlesung an der Fachhochschule Kufstein verwende.

    Welches Ziel verfolgt eine regenerative Wirtschaft?

    Eine regenerative Wirtschaft verschreibt sich einem gesunden bio-regionalem System, und dem Zusammenspiel von Mensch und Natur darin.

    Ökologische und soziale Aspekte von regenerativer Wirtschaft

    Von Regeneration in Hinsicht auf den ökologischen Bereich kann man sprechen, wenn ein Prozess im Einklang mit den natürlichen Kreisläufen von Nährstoffen, Wasser oder CO₂ zu arbeitet und so zur Gesundheit eines Ökosystems beizuträgt. Geschäftsprozesse einer Regenerativen Wirtschaft arbeiten also innerhalb der sogenannten Flows natürlicher System.

    Regeneration im sozialen Kontext bedeutet, dass ein Unternehmen mit dem Ziel handelt, nicht nur das Wohlergehen seiner Kunden und engsten Interessensgruppen, wie den Aktionären, zu verbessern, sondern auch die Geschäftsaktivitäten einer breiteren Gruppe von Begünstigten, wie einer benachteiligen sozialen Gruppe oder der Gemeinschaft, in der das Unternehmen tätig ist, zugutekommen. Ein interkulturelles Food-Festival, das von den Bürgern eines Stadtviertels organisiert wird, fördert beispielsweise den Gemeinschaftszusammenhalt viel mehr als ein klassisches Konzert auf einer Festspielbühne.

    Viele Autoren betrachten die Wirtschaft als Teil der Gesellschaft und die Gesellschaft wiederum als Teil der Natur, auch bekannt als sozioökonomisches System. Der ehemalige Geschäftsführer von JP Morgan teilt diese Auffassung und beschreibt regeneratives Wirtschaften als:

    „Wirtschaftliche Stärke ist ein Produkt menschlicher und gesellschaftlicher Vitalität, die auf ökologischer Gesundheit und der integrativen Entwicklung menschlicher Fähigkeiten und Potenziale beruht.“

    Fullerton, 2015, S. 40

    Es geht darum, die wirtschaftlichen Regeln an der Gesundheit der uns umgebenden Natur und einem guten Leben für uns alle auszurichten. Wenn wir die Rahmen so ändern, dass nicht die „gewinnen“, die am meisten Geld horten, sondern die, die am meisten zur Gesundheit und Wohlbefinden von Mensch und Natur beitragen: wie würde ein Wirtschaftssystem dann wohl aussehen?

    Regeneratives Wirtschaften: Sozialismus 2.0?

    Bei der regenerativen Ökonomie geht es also nicht darum, den Kapitalismus durch den Sozialismus zu ersetzen. Es geht nicht um Smith gegen Marx oder um links gegen rechts. Es geht um einen Paradigmenwechsel im Wirtschaftsverständnis. Es geht darum, der Wirtschaft ein neues Ziel zu setzen. Auch zu diesem Ziel hat sich Fullerton Gedanken gemacht:

    „Nicht nur eine Mittelposition, sondern eine wirksame Integration des Besten von rechts und links, kombiniert mit einem modernen wissenschaftlichen Verständnis darüber, wie das Universum tatsächlich funktioniert, das wir übrigens im Zeitalter von Adam Smith oder Karl Marx noch nicht hatten! Im Einklang mit einem eher linksgerichteten politischen Denken wird die regenerative Ökonomie ein neues Licht auf die Bedeutung von Gerechtigkeit und die Unhaltbarkeit hoher und wachsender Ungleichheit werfen. Aber ebenso wird es im Einklang mit einem eher rechtsgerichteten politischen Denken die Dynamik eines wirklich freien Unternehmersystems umfassen, das sich die einzigartige Essenz der individuellen menschlichen Kreativität und Tatkraft zunutze macht.“

    Fullerton, 2015, S. 39

    Wir dürfen einen Schritt zurück machen und uns fragen: Was ist das, was politisch aktuell nicht debattiert und von den Medien nicht thematisiert wird? Welche Leitsterne treiben die Wirtschaft heute an und welche könnten das in Zukunft sein?

    Prinzipien einer Regenerativen Wirtschaft

    Eine regenerative Wirtschaft fördert ein gesundes bioregionales System, das sowohl die Natur als auch das Wohlbefinden der Menschen, die in dieser Region leben, berücksichtigt. Das Ziel ist es, nicht nur eine gesunde Umwelt zu gewährleisten, sondern auch das langfristige Wohlergehen der Gemeinschaften. Regeln und Institutionen wie das Geld- und Bankensystem sowie die Steuergesetzgebung sollen dafür sorgen, dass sozial und ökologisch schädliche Praktiken entweder keinen Raum finden oder durch effektive Mechanismen ausgeglichen werden.

    In einer regenerativen Wirtschaft haben übermäßige Ansammlungen von Geld, Macht und Besitz ebenso wenig Platz wie das Streben nach immer mehr Produktion und Konsum. Pflege- und Fürsorgetätigkeiten, von der Altenpflege und Mutterschaft bis hin zur Renaturierung von Landschaften, werden strukturell im Geld- und Finanzsystem verankert und abgesichert. Zentral ist dabei die Förderung einer Kreislaufwirtschaft. Gemeinschaften, die Wohlstand und Versorgung schaffen, wie zum Beispiel in solidarischen Landwirtschaften, sowie eine stärkere Regionalisierung der Grundversorgung, spielen eine wichtige Rolle in diesem Wirtschaftssystem.

    Weitere Interessante Artikel: Nachhaltige Produktentwicklung und planetare Grenzen

    Die Herausforderungen und Chancen der regenerativen Wirtschaft erfordern ein tiefgreifendes Verständnis der planetaren Grenzen und deren Einfluss auf die Produktentwicklung. In einem umfassenden Artikel vertiefen wir diese Themen und beleuchten, wie Unternehmen durch die Einhaltung dieser Grenzen und die Vermeidung von „Novel Entities“ aktiv zur Erneuerung natürlicher Systeme beitragen können. Ein besonderes Augenmerk liegt auf innovativen Ansätzen, die sowohl die Umwelt als auch soziale Strukturen stärken, wie es bei der Entwicklung von Produkten wie der Sonnencreme Reef Relief bereits gelungen ist. Erfahren Sie mehr über die Prinzipien der regenerativen Wirtschaft und wie sie die Zukunft der nachhaltigen Produktentwicklung gestalten.

    Regeneration Pioneers

    Unser neuestes Projekt Regeneration Pioneers unterstützt dich und dein Team dabei, innovative Geschäftsmodelle zu entwickeln, die soziale und ökologische Herausforderungen auf systemische Weise angehen. Unsere Teilnehmer lernen, wie sie in ihrer täglichen Arbeit nicht nur auf Erhaltung, sondern auf die aktive Wiederherstellung und Verbesserung unserer natürlichen und sozialen Systeme abzielen können.


    Fullerton, J., 2015. Regenerative Capitalism – how universal principles and patterns will shape our new economy, Greenwhich, USA: Capital Institute – the future of finance.

  • Social Business: Regenerative Unternehmen der Zukunft?

    Social Business: Regenerative Unternehmen der Zukunft?

    Ein regeneraties Unternehmen? Ein Social Business? Was genau ist das? Ich möchte diese Artikel mit zwei Beispielen starten:

    70 Hektar – etwa so viel wie 100 Fußballfelder – sind inzwischen wieder landwirtschaftliche produktive Fläche, wo vor 20 Jahren noch staubige Wüste war. Das Unternehmen SEKEM hat Wüstenboden regeneriert, lokale faire Arbeitsplätze geschaffen und produziert wertvolle Lebensmittel auf höchstem Qualitätsniveau.

    Der Verein TEH wollte sicherstellen, dass traditionelles Heilwissen nicht verloren geht. Über die letzten 15 Jahre wurden Hunderte TEH Praktiker ausgebildet, welche das Wissen über lokale Heilpflanzen zurück in ihre Gemeinschaften getragen haben. Absolventinnen und Partner erzeugen jährlich wertvolle Kräutertees, -tinkturen, und -salben. Eine haben die Erzeugnisse im lokalen Handel zugänglich gemacht, andere Kooperationen mit Hotels und Tourismus etabliert. Wieder andere inspirieren mit ihrem Wissen Schulkinder und stärken damit die Verbindung zur Natur und das Wissen zum Gesundbleiben. Ein ganzes Ökosystem an Vereinen, Erzeugern, Handelspartner, Kräuterbegeisterten und Kräutergärten ist in der Region entstanden.

    Für mich sind beides regenerative Geschäftsmodelle und gleichzeitig sind beides Social Business.

    Regenerative Geschäftsmodelle

    Ein regeneratives Geschäftsmodell integriert alle Berührungsgruppen in seine Bemühungen und bemüht sich auf Lieferanten und alle entlang der Lieferkette, Mitarbeiter und Kunden gleichermaßen positive zu wirken. Regenerative Geschäftsmodelle verstehen das sozio-ökologische System, mit dem sie interagieren und entwickeln Prozesse und Abläufe, die allen Beteiligten Menschen und die Natur stärkt.

    Beiden Initiativen ist gemein, dass sie förderlich auf Natur, Gemeinschaft, Gesundheit und wirtschaftliche Entwicklung in ihrer Region wirken. Sie sind regenerativ, mit einer überwiegend positiven Wirkung auf ihr Umfeld. Dieser Effekt erstreckt sich auch auf Partnerorganisationen, die in engem Austausch mit der Initiative stehen. Die Dynamik eines ganzen Systems verändert sich hin zu einer Win-win-Situation für alle Beteiligten und einem System, dass sich weiterhin selbst am Leben erhält.

    Letzteres ist ein Merkmal gesunder Systeme: dass sie die Fähigkeit und den Rahmen mitbringen, dass sie sich selber erhalten und erneuern können. Auch, wenn die ursprünglichen Organisationen wegfallen würden: Hunderte TEH Absolventen und dutzenden Bücher würden die Naturheilkundebewegung in der Region Salzburg weitertragen, auch ohne den TEH Verein. Ebenso würde auch bei einem Wegfallen der SEKEM Gruppe der gesunde Boden so wie das Wissen zu integrativer Landwirtschaft in der Region sein und vermutlich weiter Bestand haben.

    Social Business: Getrieben von einer Mission

    Social Businesses sind getrieben von einer Mission: Die Gründer:innen nehmen ein Problem wahr und entwickeln ein Geschäftsmodell, dass dieses Problem löst und dabei finanziell selbständig agiert.

    Beiden Organisationen ist ebenfalls gemein, dass sie entstanden sind, weil sie ein Problem lösen wollten. SEKEM wollte die Wüste wieder begrünen, TEH traditionelles Heilwissen erheben und wieder eine breiten Bevölkerungsgrupe zugänglich machen.

    Beide sind getrieben davon, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Eine der zentralen Definitionen eines Social Business. Nicht jedes Social Business muss oder wird notwendigerweise ein ganzes System ändern. Aber jedes gut durchdachte Social Business hat das Potenzial, ein wichtiges Puzzlestück in einer Transformation zu einer regenerativen Zukunft zu sein.

    Gründer eines Unverpackt-Ladens sind getrieben davon, einen Beitrag zur Lösung unseres massiven Müllproblems zu leisten. Ein Unverpackt-Laden alleine wird das komplexe Problem nicht lösen. Aber es ist gehört zu dem steten Tropfen, das den Stein aushöhlt und jedem einzelnen von uns eine regenerative Entscheidungsalternative bietet und zeigt, dass es auch anders geht.

    Regenerative Geschäftsmodelle im Einklang mit der Natur des Menschen

    Gut zu sein, liegt unserer Natur. Viele der degenerative und zerstörerischen Praktiken sind der wirtschaftliche Rahmen geschuldet. Das Wachstumsparadigma und Institutionen wie unser Geldsystem benachteiligen regenerative Geschäftsmodelle. Gleichzeitig können wir nicht auf den Strukturwechseln in der Wirtschaft warten, um mit regenerativen Geschäftsmodellen loszulegen.

    Pioniere und sogenannte Social Entrepreneurs finden heute schon Wege, wie sie mit ihren regenerativen Geschäftsmodellen zum Wandel beitragen. Diese wiederum befruchten andere Unternehmer und stoßen in besten Fall Veränderungen im Mainstream an. Viele kleine Bioläden haben etwa in den 70ern und 80ern den Weg aufbereitet für bio-dynamische Erzeugnissse. Heute findet man Produkte mit Biosiegel in jedem Supermarkt. Die Nische hat den Weg bereitet für eine Veränderung im Mainstream. Gleichermaßen bereiten die Sozialunternehmer von heute den Weg in eine Zukunft, in der regenerative Geschäftsmodelle die Norm und nicht die Ausnahmen sind.